Mercedes-Benz 300SL    

       technische Daten

geschrieben von:

Bengt Ason Holm

Member of the Guild of Motoring Writers

 

Von Anfang an verfolgte man mit dem 300 SL nur ein Ziel: er sollte zeigen, dass Mercedes-Benz wieder da war, auf der Straße wie im Rennen. Der New Yorker Mercedes-Händler Max Hoffmann versprach, 1000 Stück abzunehmen, wenn die Firma das Auto auf den Markt brachte. heute ist dieser elegante Klassiker ein gesuchtes und extrem teueres Sammlerstück.

Nach dem Krieg glaubten viele, dass die deutsche Industrie sich nicht mehr erholen würde.  Sie hatten Unrecht.  Daimler-Benz legte ein bemerkenswertes Comeback hin und steigerte die Produktion von 214 Autos im Jahr 1946 auf 33 906 Exemplare 1950.

In dieser Zeit konzentrierte man sich auf Limousinen und Nutzfahrzeuge.  Kein Gedanke wurde an Rennwagen verschwendet.  Aber schon zu Beginn der 50er Jahre arbeiteten die Techniker bei Daimler-Benz an einem Sportwagen mit dem Motor der 300er Limousine.  Die ursprüngliche Leistung von 115 PS konnte auf 175 PS gesteigert werden.  Kraftübertragung und Achsen stammten ebenfalls aus dem 300, aber ansonsten war der 300 SL (Sport Leicht) ein völlig neues Auto.  Er verfügte über einen hochmodernen Gitterrohrrahmen mit Aluminiumkarosserie, der hauptsächlich aus der Feder von Rudolf Uhlenhaut stammte.

Zurück im Rennen

Dieser Wagen machte sein Debüt bei der Mille Miglia 1952, wobei Karl Kling den zweiten und Caracciola den vierten Platz belegte.  Danach ging es bergauf. es gab Siege beim GP in Bern, bei den 1000 km auf dem Nürburgring und schließlich bei der Carrera Panamericana.  Das letztgenannte Rennen war für Mercedes-Benz besonders wichtig, weil es viele amerikanische Fahrer anzog und in den USA auch entsprechend vermarktet wurde.

"Ich kaufe 1000 Autos, wenn der 300 SL in Serie gebaut wird"

Der 300 SL war nie für den freien Markt gedacht.  Mit seinen zahlreichen Siegen hatte er eigentlich auch seinen Zweck erfüllt: er sollte zeigen, dass Mercedes-Benz wieder da war.  Eigentlich war jetzt ein Grand-Prix-Renner an der Reihe, aber der New Yorker Mercedes-Händler Max Hoffmann war überzeugt, dass er den 300 SL in den USA verkaufen konnte und bot an, gleich 1.000 Stück abzunehmen.  Tatsächlich ging die Hälfte aller 300 SL in die USA.  Mercedes nahm das Angebot an und stellte dem staunenden Publikum bei der New Yorker Automobilschau im Februar 1954 den neuen 300 SL vor.  So etwas hatte man noch nicht gesehen.  Besonders die nach oben öffnenden Flügeltüren zogen die Zuschauer magisch an.  In den USA erhielt der 300 SL denn auch den Spitznamen "Gullwing" (Möwenschwinge).  Diese Türen waren durch den komplizierten Rahmen aus dünnen Stahlrohren erforderlich geworden.  Normale Türen konnten einfach nicht eingebaut werden.  Schön waren die Flügeltüren schon, aber sehr unpraktisch, wenn man zwischen zwei anderen Autos parkte.  Man sagt auch, dass die extrem hohen Schweller bei den amerikanischen Frauen nicht sehr beliebt waren.  Beim Einsteigen zeigten sie stets etwas zu viel Bein.

Motor um 45° versetzt

Ansonsten hatte der neue 300 SL nicht mehr viel mit seinem Vorgänger gemeinsam.  Er hatte eine schlankere,   elegantere    Karosserie,   und     das Gesamtgewicht lag bei 1310 kg.  Eine Benzineinspritzung ersetzte die Vergaser und sorgte für eine Leistungssteigerung von 175 auf 240 PS.  Um die Fronthaube flach zu halten, wurde der Motor um 45' versetzt eingebaut, zum Leidwesen aller Mechaniker!

Auch die Pendelachse hinten stellte nicht jeden zufrieden.  Ungeübte Fahrer mussten feststellen, dass der Wagen ohne jede Verwarnung plötzlich hinten ausbrach.

Die Produktion des Coupés wurde 1957 eingestellt.  Im gleichen Jahr wurde der Roadster präsentiert.  Er hatte richtige Türen und eine modifizierte Hinterachse.  Heute ist der Roadster, der in größeren Stückzahlen gebaut wurde, längst nicht so gefragt wie der Flügeltürer.  Von 1901 an gab es den Roadster mit Scheibenbremsen, die wesentlich besser zupackten als die vorher eingesetzten Trommelbremsen. 1963 wurde die Produktion endgültig eingestellt.

Im Rennen konnte der 300 SL keine besonderen Erfolge feiern.  Mit seinem hohen Gewicht war er den zeitgenössischen Ferrari und Maserati stets unterlegen.  Im Jahr 1955 aber konnten Stirling Moss und Dennis Jenkinson die Mille Miglia mit einem Mercedes 300 SLR gewinnen.  Der Privatfahrer John Fitch wurde auf einem 300 SL Fünfter und erzielte damit einen kaum beachteten Klassensieg.  Danach schlug sich der 300 SL erfolgreich bei zahlreichen Rallyes in Europa.

Der erste echte Supersportwagen

Egal was man vom 300 SL hält, auf alle Fälle kann man sagen, dass Mercedes-Benz den ersten echten Supersportwagen auf die Räder gestellt hat, vergleichbar mit den heutigen Ferrari und Lamborghini.  Vor allen Dingen aber war der 300 SL ein Symbol für den deutschen Wiederaufbau.  Er machte sich schnell bei Privatfahrern und beim Jet-Set beliebt.  Zu seinen Besitzern zählten der Rennfahrer Stirling Moss und König Hussein von Jordanien.

Die berühmten Flügeltüren tauchten später auch an anderen Autos auf, zum Beispiel beim Versuchsträger Mercedes C111 und beim unglücklichen De Lorean.

technische Daten 

Typ 300 SL
Motor Sechszylinder-Reihenmotor
Hubraum 3,0l
Leistung 240 PS bei 5800U/min
Ventilsteuerung eine oben liegende Nockenwelle
Gemischaufbereitung Bosch-Benzineinspritzung
Getriebe Viergang
Antrieb Hinterachse
Länge 4520 oder 4570 mm (Roadster)
Aufhängung (vorn)  Einzelradaufhängung mit Dreieckeckslenker und Schraubenfedern 
Aufhängung (hinten) Einzelradaufhängung mit Pendelachse und Schraubenfedern 
Fahrwerk/Karosserie Gitterrohrrahmen
Karosserieformen Roadster oder Coupé
Breite 1790 mm
Radstand 2400 mm
Spur (vorn/hinten) 1385/1435 mm
Eigengewicht 1310 bzw. 1420 Kg (Roadster) 
Höchstgeschwindigkeit ca. 230 - 260 km/h 
Beschleunigung (0-100 km/h) 10 sek
Gesamtproduktion 1400 Stück  Coupé, 1858 Roadster
delprado verlag

zurück           oben