Citroën DS 19 |
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Der
„Traction Avant“ hatte inzwischen mehr als 20 Jahre auf dem Buckel,
und deshalb erwartete die Kundschaft von Citroën eine ganz besonderen
Nachfolger. Als 1955 dann das Gerücht umging,
Citroën wollte ein neues Modell vorstellen, waren die Erwartungen
enorm. Citroën sollte die Käufer des neuen Wagens nicht enttäuschten:
Der DS 19 war in jeder Hinsicht sensationell. Die Entwicklung des neuen Citroën
verlief keineswegs geradlinig.
Angeblich soll alles mit einem kleinen schwarzen Notizblock angefangen haben, den Citroën Chef Pierre Boulanger stets
bei sich trug. Jedesmal wenn er
eine Idee hatte, wurde sie sofort
in diesem Notizbuch vermerkt. Bevor
die Entwicklung überhaupt begann,
hatte er schon das passende Kürzel
für das neue Auto: VGD,
Voiture de grande diffusion (Auto mit
großer Verbreitung). Boulanger
dachte an ein Modell mit einem besonders großen Radstand und entsprechendem Innenraum. Boulanger hinterließ seinen
Notizblock Als
Boulanger bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, wandte sich sein
Nachfolger Robert Puiseux an André Lefebre, der in den 30er Jahren für
die Entwicklung des 7CV zuständig gewesen war. Als
Grundlage für das neue Modell dienten ein paar "verrückte"
Ideen und der Notizblock von Boulanger. Folgende Eigenschaften standen im
Lastenheft:
1) aerodynamische Form, 2) geringes Gewicht, 3)
niedriger Schwerpunkt und 4)
so viel Gewicht wie möglich auf der Vorderachse. Ab
1948 stand zu diesem Zweck ein Kastenprofilrahmen zur Verfügung, der im
Gesamteindruck einer Badewanne ähnelte.
Auf dieser Grundlage wurde rund um den Passagierraum ein "Käfig"
aus Stahlprofilen konstruiert, an dem wiederum die Kotflügel, die
Motorhaube und alle Töten befestigt waren.
Um die Karosserie zu zerlegen, genügten ein Schraubenzieher und
ein Schraubenschlüssel. Drei
Motoren in Reihe? Die Wahl des Motors war nicht ganz
einfach, denn laut Vorgabe sollte er so tief wie möglich platziert
werden. Ideal für diesen
Zweck wäre natürlich ein weit vorn liegender Boxermotor gewesen.
Es gab sogar Experimente mit drei gekoppelten luftgekühlten
Motoren aus dem 2CV, aber mit dieser Version war die geforderte Leistung
nicht zu erzielen. So griff
man letzten Endes auf den bewährten Motor des 11CV zurück und verpasste
ihm einen neuen Zylinderkopf. Die vorderen Bremsen saßen
weit nach innen gerückt beim Getriebe, denn die Vorderradaufhängung ließ
nicht genug Platz in den Rädern. Dabei
nahm sich Citroën Jaguar zum Vorbild und entwickelte eine
Scheibenbremsanlage. Damit
war der DS 19 eines der ersten Serienautomobile mit Scheibenbremsen an der
Vorderachse. Eine gute Idee Eine
Idee, die sich aus der Tatsache ergab, dass Kotflügel und Motorhaube
abnehmbar waren, führte zur Entscheidung, die Teile einzeln zu lackieren
und später zu montieren. So
konnten die Kunden theoretisch die einzelnen Teile in der richtigen Farbe
nachbestellen. Diese Methode
funktionierte aber nicht richtig, denn es ist praktisch unmöglich, genau
den gleichen Farbton wieder zu treffen, wenn ein Wagen erst einmal die
Fabrik verlassen hat. Die Hydropneumatik: eine echte
Revolution Die
wichtigste Neuerung beim DS19 war zweifellos die Einführung einer neuen
Federung. Das Revolutionäre
daran war die Idee, die Elastizität komprimierter Luft zu nutzen.
Als Beispiel kann hier ein Ball dienen, der aufgepumpt wird, um den
Druck zu erhöhen. Und in der
Tat waren es vier Kugeln, die die Federung der Räder übernahmen. Diese Kugeln saßen in
Stahlbehältern, die über ein Hydrauliksystem mit Luft gefüllt wurden.
Die Idee war zwar genial, litt aber zunächst noch an zahlreichen
Kinderkrankheiten. Nachdem
man die Fertigung aber im Griff hatte, konnte man mit dem DS sogar auf
drei Rädern fahren, ohne sich zu überschlagen. Bremsen mit einem Knopf In
der Folgezeit wurde die Hydropneumatik immer weiter verbessert, um die
Bedienung zu vereinfachen. Auch
das Bremssystem wurde mit einbezogen, und das Resultat kann heute noch überzeugen.
In der Praxis griffen die Bremsen viel schneller zu als bei
normalen Fahrzeugen, und man brauchte noch nicht einmal ein Bremspedal.
Es genügte ein kleiner Knopf am Boden, der ein kleines Ventil öffnete
oder schloss. Die Kundschaft
beäugte diese Einrichtung aber mit Misstrauen, und deshalb wurde der
Knopf durch ein normales Bremspedal kaschiert. Die
Hydropneumatik konnte aber noch mehr: mit ihrer Hilfe ließ sich sogar die
Bodenfreiheit verstellen. Die
Lenkung reagierte zunächst noch zu bissig, sodass man die Servounterstützung
reduzierte, um die Fahrer nicht mit starken Ausschlägen zu verunsichern. Beim
Getriebe handelte es sich um eine gewöhnliche handgeschaltete Version.
Die Gänge wurden aber hydraulisch vorgewählt, und die Kupplung
funktionierte vollkommen automatisch.
Diese Auslegung sorgte sogar für geringere Leistungsverluste als
ein konventionelles Schaltgetriebe, in den ersten Jahren des DS19
angesichts der bescheidenen Motorleistung sicherlich ein Argument. Fast
ein UFO Auch das Styling war höchst
ungewöhnlich; der DS schien direkt aus der Zukunft zu kommen.
Es gab kein anderes Auto, das ihm auch nur annähernd ähnlich sah.
Mit seinem niedrigen Profil wirkte er sogar im Stand schnell.
Außerdem kamen völlig neue Materialien zum Einsatz: das Dach
bestand aus halbtransparentem GFK, der Instrumententräger war aus
Kunststoff und die Sitze waren mit Nylon bezogen. Der
DS war ein riesiger Erfolg. Während
der gesamten Produktionszeit wurden 1,4 Millionen Stück abgesetzt. Das Modell ID war eine abgespeckte Version ohne Servobremsen,
automatische Kupplung und Schalthilfe.
Die hydropneumatische Federung durfte er aber behalten.
Später erschienen DS20 und DS21 als luxuriösere Ausführungen. Eine wahre Göttin Der
französische Begriff DS (Déesse) bedeutet "Göttin", und so
wurde der DS19 auch viele Jahre lang verehrt.
Auch heute noch gibt es Fanclubs, die alles tun, um ihre Fahrzeuge
zu erhalten. Sie haben natürlich
besonders mit dem Rost zu kämpfen, der zur Zeit der Produktion bei den
Herstellern einfach kein Thema war und dafür gesorgt hat, dass zahlreiche
Exemplare von den Straßen verschwunden sind.
Zum Abschluss ein Zitat des Motorsportjournalisten Alexander Spoerl:
"Der Citroën DS ist kein Auto der Zukunft, sondern der Gegenwart.
Die anderen Autos gehören alle in die Vergangenheit." |
Typ | DS 19, 1955-1975 |
Motor | Vierzylinder längs eingebaut |
Hubraum | 1911 cm3 |
Leistung | 75 PS bei 4500U/min, später 91 PS bei 5750 U/min |
Ventilsteuerung | hängende Ventile, Stößelstangen und Kipphebel |
Gemischaufbereitung | ein Weber-Fallstromvergaser, später Solex |
Getriebe | Viergang, handgeschaltet, später Fünfgang |
Antrieb | Frontantrieb |
Länge | 4800 mm |
Aufhängung (vorn) | Einzelradaufhängung mit Hydropneumatik |
Aufhängung (hinten) | Einzelradaufhängung mit Hydropneumatik |
Fahrwerk/Karosserie | Kastenprofilrahmen mit verschraubter Karosserie |
Karosserieformen | viertürige Limousine |
Breite | 1790 mm |
Radstand | 3125 mm |
Spur (vorn/hinten) | 1520/1320 mm |
Eigengewicht | 1110-1260 kg |
Höchstgeschwindigkeit | 140 - 160 km/h |
Beschleunigung (0-100 km/h) | ca. 11,2 sek |
Gesamtproduktion | 1.415.717 Stück |
delprado verlag |