Citroën 2CV |
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Geliebt,
gehasst, umstritten, verachtet und doch wieder bewundert: Nur wenige Autos
haben sich so einem widersprüchlichen Ruhm erworben. Zwei von Ihnen
wurden aber weltberühmt: der Ford Modell „T“ und der „Toute Petite
Voiture“ namens 2CV. Beide
waren Kinder starrköpfiger Männer, deren Visionen über den alltäglichen
Horizont hinausreichten. Im
Dezember 1934 zwangen die Aktionäre André Citroën in den Bankrott, und
nur sieben Monate später starb dieser Visionär an Krebs. Vater
des 2CV war aber nicht André Citroën, sondern sein energischer Geschäftsführer
Pierre Jules Boulanger. Er
hatte die Idee für ein ganz nettes Fahrzeug.
Er soll bei einem bäuerlichen Fest in der Auvergne gewesen sein
und auf seinem Weg zurück nach Paris im Stau stecken geblieben sein. Dabei fiel ihm auf, dass der ganze Verkehr praktisch aus
Pferdefuhrwerken, Radfahrern und Fußgängern bestand. Autos gab es so gut wie keine. Danach
fand er heraus, dass der Besitz eines Automobils für den normalen Bauern
viel zu kompliziert war. Für
Frauen waren die Autos zu groß und zu schwer.
Was die Bauern (und viele andere Leute) wollten, war ein simples
Fahrzeug, mit dem sie auf die Weide fahren und die Milch anschließend zum
Markt bringen konnten. Im
Herbst 1935 erteilte Boulanger den Auftrag: "Baut mir ein Auto, das
zwei Personen und einen Zentner Kartoffeln transportieren kann. Es soll etwa 60 k schnell sein und etwa 3 Liter auf 100 km
verbrauchen." Boulanger
hatte aber noch weitere Vorstellungen: "Das Auto muss auf den
kleinsten Landstraßen gefahren werden können und auch von Frauen, die
noch nie am Steuer saßen. Wie es aussieht, ist egal." Der
Prototyp war 1937 fertig. Er
war zwar hässlich, aber auch leicht,
weil die Karosserie aus Aluminium bestand.
Die Front sah aus wie ein Wasserfall aus Wellblech. Gekrönt war sie von einer großen Kurbel, denn einen
Anlasser gab es nicht. Das
Auto hatte nur einen Scheinwerfer, ein zweiter hätte es um 6 kg schwerer
gemacht. Außerdem war der
zweite Scheinwerfer nicht gesetzlich gefordert. Das
Getriebe hatte keinen Rückwärtsgang, aber die ganze Fuhre war so leicht,
dass man sie von Hand zurückschieben konnte.
Das Dach bestand aus Stoff auf einem Alu- Rahmen.
Mit dem gleichen Stoff waren auch die Stahlrohrsitze bezogen. Im
Gegensatz zu seinem späteren Ruhm fand der 2CV anfangs kaum Freunde.
Für jemanden ohne mechanische Vorkenntnisse waren selbst die
einfachsten Arbeiten unmöglich. Das Getriebeöl überprüfen?
Dazu musste man erst fünf Schrauben am rechten Kotflügel lösen
und die Batterie herausnehmen oder den 'Vergaser abbauen. Der ganze Motor war so schlecht zugänglich, dass man
Schlangenfinger brauchte, um irgendein Teil zu erreichen. Im
Mai 1939 hatte das Werk nach zahlreichen Änderungen mehr als 200
Prototypen im Betrieb. im folgenden Jahr sollte der kleine Citroën auf
dem Pariser Autosalon vorgestellt werden.
Dieser fand aber wegen des Krieges nicht mehr statt. Die
Franzosen wussten, dass die Deutschen ebenfalls an einem
"Volkswagen" arbeiteten und wollten verhindern, dass sie vom 2CV
erfuhren. Nach der Besetzung befahl der Verstand deshalb, alle Prototypen
zu vernichten. Dieser
Befehl wurde auch befolgt, nur Testleiter Henri Loridant hielt sich nicht
daran. Ein Auto wurde
zerlegt und in Säcke und Kisten verpackt.
Die Karosserie wurde unter das Werkstattdach ,gehängt, mit der
Begründung, man wollte das
Korrosionsverhalten studieren. Dieses Auto wurde inzwischen restauriert und ist der einzige
überlebende Vorkriegs Prototyp. Das
Auto, das nach dem Krieg gebaut wurde, hatte sich stark geändert.
Viele konstruktive Maßnahmen sollten für eine einfachere Wartung
sorgen. Bei seiner
Vorstellung im Jahr 1948 war das
Publikum irritiert. Sie
hatten noch nie ein so merkwürdiges Auto gesehen. Nachdem
aber die praktischen Seiten des 2CV offenbar wurden, fand er zahlreiche
Anhänger. Bei seiner Einführung
hatte der kleine Citroën einen extrem langen Federweg. Damit ließ er sich auch im Gelände recht angenehm fahren. Eine
Art Trägheitsdämpfer an den Rädern hielt die Schaukelei in erträglichen
Grenzen. Die
Karosserie war nicht mehr als ein Wetterschutz um die simplen Sitze.
Dach und Rückbank ließen sich entfernen und
machten aus dem 2CV einen kleinen LKW.
Der luftgekühlte Motor brauchte kein Wasser und Frostschutzmittel,
brachte aber auch keine Heizungswärme.
Der erste 375-cm3-Motor mit seinen 9 PS war es für etwa
65 km/H gut. Natürlich
schieden sich die Geister am 2CV Seine Anhänger hatten eine ganz feste
Vorstellung vom Automobil. Es
musste praktisch sein. Leistung
und Prestige spielten für sie keine Rolle.
Seine Gegner wissen nichts von seinem Komfort und dem beachtlichen
Kofferraum, ganz zu schweigen von seiner Sparsamkeit.
Bei der Sicherheit sieht es dagegen ganz finster aus.
Allerdings bietet der 2CV nicht mehr Schutz als eine Konservendose. Im
Februar 1988 wurde die Produktion in Frankreich offiziell eingestellt,
aber der 2CV wurde noch viele fahre lang in Portugal gebaut. |
Typ | 2CV, 1948-1990 |
Motor | luftgekühlter Zweizylinder-Boxermotor |
Hubraum | 375, 425, 435 oder 602 cm3 |
Leistung | 9-29 PS |
Ventilsteuerung | hängende Ventile, Stößelstangen |
Gemischaufbereitung | ein Vergaser |
Getriebe | Drei- oder Viergang |
Antrieb | Vorderachse |
Länge | 3780-3830 mm |
Aufhängung (vorn) | Längs verbundene Einzelradaufhängung mit Schraubenfedern |
Aufhängung (hinten) | Längs verbundene Einzelradaufhängung mit Schraubenfedern |
Fahrwerk/Karosserie | Plattformrahmen mit Stahlkarosserie |
Karosserieformen | Viertürige Cabrio-Limousine, zweitüriger Kastenwagen |
Breite | 1480 mm |
Radstand | 2400 mm |
Spur (vorn/hinten) | 1260/1260 mm |
Eigengewicht | 400 - 560 kg |
Höchstgeschwindigkeit | 65-115 km/h |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 30 sek |
Gesamtproduktion | 5114996 Stück (einschließlich Kastenwagen) |
delprado verlag |